„Memento mori“ allgegenwärtig ist mein Tod mit der Geburt ist auch mein Todesurteil schon gefällt, die Exekution kann sich verzögern je nachdem (Andreas Knapp)
Hosanna, rufen sie. Hosanna in der Höhe. Jubel und Begeisterung. Die Leute haben sich viel von Jesus erhofft. Hosanna heißt wörtlich übersetzt: Hilf doch! Längst hatte sich Jesus einen Namen gemacht: Der Heiler der Kranken. Der mutige Gegner derer, die das Sagen haben. Ein toller Prediger. Endlich ist er in Jerusalem. Und sie sind freudig gespannt auf das, was jetzt kommt. Wenn wir heute diese Erzählung lesen, wissen wir: der Einzug in Jerusalem hat kein Happy End. Ein paar Tage später wird Jesus Prozess gemacht. Ein abgekartetes Spiel zwischen den römischen Besatzern und der jüdischen Prominenz. Beiden war er zu sehr auf die Füße getreten. Und wieder ist die Menge da! Dieses Mal werden sie nicht rufen: „Hosanna“. Dieses Mal werden sie schreien: „Ans Kreuz mit ihm, ans Kreuz mit ihm“. Ich sitze an einer Kapelle und denke an viele von meinen Bekannten, die viel Gutes für die Kirche geleistet haben. Durch verschiedene Umstände haben sie die Kirche verlassen und jetzt werden sie als „Schwarze Schafe“ oder „Verräter“ bezeichnet. Wenn jemand Erfolg hat, wird er bejubelt und gefeiert. Aber wehe, es geht jemandem schlecht. Auf welche Menschen man sich verlassen kann, das weiß man nicht, wenn es einem gut geht. Das findet man erst in schlechten Zeiten heraus. Jesus geht es nicht anders als vielen anderen Menschen. Wo sind wir in dieser Geschichte? Vielleicht geht es dem einen oder der anderen von uns wie Jesus. Vielleicht haben wir das schon mal erlebt, wie Freunde sich plötzlich in Luft auflösen, wenn es uns schlecht geht. Aber vielleicht sind wir auch einer oder eine von den vielen, die in der Menge einfach mitschreien.
Der Palmsonntag ist wie ein Spiegel. Memento Mori. Wo bin ich in dieser Geschichte? Wo seid Ihr?
Ihr Michael