Worte zum 3. Adventssonntag 2020

Gaudete zu Joh.1, 6-8 ,19-28

Vielleicht kennen Sie das Spiel ,,Wer bin ich? „Es ist ein Ratespiel, das gerne auf Partys, geselligen Treffen oder Kindergeburtstagen gespielt wird. Jeder bekommt einen Zettel mit dem Namen einer bekannten Person auf die Stirn geklebt. Nur die anderen können es lesen. Ziel des Spieles ist es, durch geschicktes Fragen herauszubekommen, wen man spielt. Natürlich müssen dazu alle Beteiligten wissen, was jede einzelne Person ausmacht. Welche Eigenschaften hat sie? Was tut sie? Was zeichnet sie besonders aus?

Im heutigen Evangelium scheinen die Spielregeln umgekehrt zu sein. Als wüsste nur Johannes, wen er verkörpert und die zu ihm kommen, versuchten es ihm durch geschicktes Fragen zu entlocken. Als sie ihn fragten, wer bist Du?“ ist ihm sofort klar, dass es ihnen nicht um seine für alle sichtbaren Eigenschaften geht. Er antwortet nicht: Ich bin ein Mann, der in der Wüste lebt, ein Gewand aus Kamelhaaren trägt, die Menschen zur Umkehr ruft und zum Zeichen der Buße tauft. Johannes kennt die eigentliche Frage, die sich hinter dem ,,wer bist Du?“ verbirgt: “ Verkörperst Du den Retter, den Messias, der in die Welt kommen soll? Deshalb antwortet er sogleich: „Ich bin nicht der Messias“, Aber damit geben sich die Frager nicht zufrieden, denn sie vermuten: Dieser Johannes muss ein besonderer Mensch sein. Er muss jemanden verkörpern, dessen Wiederkunft bereits in der heiligen Schrift angekündigt ist. Doch auch die Frage, ob er Elija oder der Prophet sei, verneint er. Aber die Priester zu Leviten drängen weiter: Wer bist Du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst Du über Dich selbst?

Und tatsächlich antwortet Johannes mit einer Prophezeiung aus der Heiligen Schrift: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn! Er selbst ist nicht der Herr, dem er den Weg zu ebnen versucht. Er verweist auf einen anderen: Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt -und dem ich nicht wert bin, die Schuhe aufzuschnüren. In einfachere Worte übersetzt: Ich bin es nicht, den ihr sucht. Ihr müsst das Spiel weiterspielen, müsst noch andere Fragen: wer bist du?“ bis ihr den findet, der antwortet: Ja, ich bin der Messias!

Wollte man kurz und knapp beschreiben, was Johannes ausmacht, so könnte man sagen: Johannes ist ein adventlicher Mensch. Denn ,,Advent“ bedeutet Ankunft. Johannes bereitet sich und andere auf die Ankunft Christi vor.

Bei dem Spiel, Wer bin ich“ hat sich manch einer schon den Scherz erlaubt, jemanden den eigenen Namen auf die Stirn zu kleben. Was würden die anderen wohl antworten, wenn sie in diesem Fall die Frage stellen würden: Bin ich ein adventlicher Mensch?“  Vielleicht würden Sie mit ,,Ja“ antworten und denken: Klar bist du ein adventlicher Mensch! Schließlich bereitest du dich auf Weihnachten vor: Backst Plätzchen, kaufst Geschenke und warst schon auf der zweiten Weihnachtsfeier!“

Doch ein adventlicher Mensch im Sinne des Johannes zu sein, bedeutet etwas anderes: Sich nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich auf Weihnachten vorbereiten. Auf Gott größtes Geschenk. Seine Ankunft in unsere Welt. Aber dazu braucht es wenig Wüste: Orte und Zeiten der Stille ,,fernab“ der vorweihnachtlichen Hektik. Es braucht den Blick nach

Innen, der die Frage beantwortet: Bin ich ein Mensch, der in seinem Herzen Platz für die Ankunft Christi hat? Wenn die Antwort „Nein“ lautet, muss ich deshalb noch lange nicht betrübt sein. Heute am Gaudete-Sonntag dürfen wir uns zusagen lassen: „Freut euch! Denn der Herr ist nahe! Es ist immer noch Zeit, ein bisschen aufzuräumen. Und selbst wenn es nur eine winzige Ecke ist, die ich freiräumen kann: Er, der in Gestalt eines kleinen Kindes in die Welt kommen will, wird auch darin Platz finden.

Regionalvikar Michael Reitze